Unter der Lupe

Washburn Style A Baujahr 1925

Von Wilhelm Henkes und Rudolph Blazer

Der Name Washburn ist verbunden mit einem der ältesten Gitarren- bzw. Instrumentenhersteller der Vereinigten Staaten und geht auf das Jahr 1864 zurück. Die Firma selbst, Lyon & Healy, wurde zu einem der größten und wichtigsten Hersteller von diversen Saiteninstrumenten, ansässig in Chicago. Das Logo Washburn stammt von dem zweiten Vornamen des Firmenmitbegründers, George Washburn Lyon, Partner von Patrick Joseph Healy. Obwohl die Produktion an Instrumenten bis zur Jahrhundertwende die 100.000 überschritt, eine für die damalige Zeit eine unvergleichliche Anzahl, begann die Firma nicht als Hersteller sondern als Vertriebsgesellschaft hauptsächlich für Musiknoten und diversen Instrumenten von Fremdfabrikaten. Der Hauptanteil der dort gebauten Gitarren waren einfache und preisgünstige Instrumente, gerade recht für das auflebende Musikinteresse der Bewohner von Chicago. Da ein großer Anteil dieser von afrikanischer Herkunft waren, erklärt sich von alleine warum Chicago zum Zentrum des urbanen Blues wurde.

Neben den preisgünstigen Instrumenten stellte Lyon & Healy auch teurere Instrumente her, die durchaus zu den schönsten und besten in dieser Epoche gehören. In diesem Zusammenhang wird der Name George Durkee genannt, der als Techniker für Musikinstrumente und ihrer Herstellung für Lyon und Healy arbeitete. Unter seinem Namen wurden eine Anzahl von Patente für die Firma Lyon und Healy geführt und auch das Design der Instrumente stammte hauptsächlich von ihm. Es entstanden außergewöhnlich schön gearbeitete Gitarren, welche die zu dieser Zeit noch recht zurückhaltend verzierten Gitarren von CF Martin durchaus in den Schatten stellten. Auch qualitativ standen sie diesen in keiner Weise zurück.

Als die hier vorgestellte Gitarre entstanden ist, waren die Firmengründer längst ausgeschieden und verstorben. Bis Mitte der 20er Jahre bildete hauptsächlich die Herstellung von preisgünstigen Gitarren unter verschiedenen Namen den Mittelpunkt der Produktion. Aber nach wie vor wurden Topinstrumente gebaut, so wie dieses aus dem Jahr 1925, zudem das Spitzenmodell dieser Jahre. Die Korpusgröße ist in etwa vergleichbar mit eine 00-Größe von Martin, wobei die Korpuslänge etwas geringer ist. Das Innenleben, die Konstruktion und die Verbalkung erinnern doch stark an zeitgleich entstandene Martins. So verwundert es nicht, dass die Klangeigenschaften und vor allem auch die Klangqualität sich in diesem Bereich wiederfinden.

Sehr auffallend in Punkto Verzierung stechen wiederum die aufgeklebten Goldetiketten auf der Decke ins Auge, die in unseren letzten Artikeln fast schon regelmäßig auftauchten. Ein damals eben sehr modernes und als attraktiv angesehenes Stilmittel, hier allerdings ohne den oft eingebauten Indianerkopf. Die englische Bezeichnung "Gold Vine Decal" verleiht diesem Aufkleber aber etwas mehr Würde, und in der Tat zeigen sich auch beim genaueren Hinsehen im Licht verschiedene und schöne Reflektionseigenschaften der Decals. Vor allem die absolut saubere Einbettung in den hochwertigen Politurlack macht diese Decals zu absoluten Highlights dieser Epoche.

Ein weiteres Highlight der ganz besonderen Art sind die Mechaniken, hanggraviert und vergoldet, ausgestattet mit Perlmuttflügeln - die schönsten und besten und sicher auch die teuersten Mechaniken, die in den 20er Jahren hergestellt wurden, auch zu finden bei den von Loar handsignierten Gibson Master Modellen. Der aufgeprägte Stempel auf der Rückseite lautet: "Product & Process Patents applied for Waverly Musical Products Co. Inc. New York". Der Name Waverly ist unseren Lesern ganz sicher gut bekannt von diversen anderen zuvor an dieser Stelle vorgestellten Pionieren. Nicht zuletzt wird auch der Name Waverly der Vertriebsfirma Stewart MacDonald zugeordnet als Besitzer und Hersteller der gleichnamigen Mechaniken in jüngster Zeit. Tatsächlich handelt es sich um dieselbe Firma, die allerdings wie bei vielen anderen großen Namen einfach nur den Besitzer wechselte und somit auch den dahinter stehenden Hersteller. Die ursprünglichen Waverly Mechaniken und diverse andere Metallteile für Musikinstrumente waren ab der Jahrhundertwende nicht wegzudenken aus dem Ausstattungssortiment damaliger Gitarren, Banjos und Mandolinen. Das bei diesen Mechaniken hier verwendete Design wird allgemein als "Arrowhead" bezeichnet in Anlehnung an das Design der Plattenenden. Dieses Design wich im nächsten Jahr ebenso wie das Eichenblatt Gravurmuster dem wesentlich bekannteren Modell mit den runden Enden und dem Motiv der Weinranken der folgenden Jahre, das quasi als Vorzeigemodell der Waverly Mechanik für die heutige Zeit ohnehin gilt.

Leider waren die Tage der guten Washburn Gitarren wie auch die der alten und schönen Waverly Mechaniken gezählt. Während Waverly noch weiterexistierte, aber als Hersteller von hochwertigen Mechaniken keine große Rolle mehr nach dem Krieg spielte, wurde die Herstellung und der Name Washburn aus der Hand gegeben, zunächst an andere Firmen aus Chicago, später ab den 60er Jahren als reiner Name ohne irgendeinen Bezug zu den Inhalten an Firmen aus Los Angeles, dann wiederum Chicago. Die Produktion stammte aber seit dem aus Asien. Lyon & Healy selbst existiert noch heute - als führender Hersteller von Konzertharfen.

Washburn Style A von Lyon and Healy, 1925
Gold Vine Decals
Handgravierte Perlmutteinlage im Kopf

Kopfrückseite mit Lyon & Healy Metallschildchen, diversen Modell- und Seriennummern sowie typischer Volute zum Halsübergang

Vergoldete Waverly Mechaniken mit Eichenblattgravur und Perlmuttflügeln
Waverly Patent Stempel auf der Mechanikrückseite
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