Unter der Lupe

Martin 00-18G Baujahr 1937

Von Wilhelm Henkes und Rudolph Blazer

Für diesen Beitrag haben wir natürlich wieder etwas vorbereitet, das auf den ersten Blick zwar unauffällig wirkt, dahinter sich aber eine kleine, nicht alltägliche Besonderheit verbirgt - abgesehen davon, dass die vorgestellte Gitarre sehr schön wenn auch schlicht gehalten ist.

Kurz zum Instrument: Korpusgröße 14 ¼ Zoll, also die mit der Martin Ziffer 00 bezeichnete Grand Concert, schlichte Einlagen und Mahagoni Boden und Zargen ergeben den Katalog Stil 18, Pyramidensteg, kein Schlagbrett, 12-Bund Ausführung. Die Seriennummer ergibt das Baujahr 1937, also aus der besten Epoche der modernen Martin Stahlsaitengitarre. Moment: moderne Stahlsaitengitarre mit Pyramidensteg aus den 30er Jahren? Die Martin Kenner haben natürlich längst den Braten gerochen, der sich auch hinter dem Modellzusatz G verbirgt. Gemeint ist nicht etwa G für Golden Era oder Modell Guthrie (mit dem Buchstaben Rätsel-Wirrwarr fing Martin erst vor kurzem an). G bedeutet "Gut". Nein, nicht die Qualität, alle Martins aus der Zeit waren gut. Gut für "Gutstring", also Darmsaiten bzw. leichtere Besaitung z.B. aus Nylon oder ähnliche gebräuchliche Saiten für Konzertgitarren. 1936 war das erste Jahr für diese Baureihe mit dem G-Zusatz, den Martin Konzertgitarren.

Mit dem Anfang der 30er Jahre fand bei der Firma Martin fast vollständig die konsequente Umstellung auf reine Stahlsaitengitarren statt. Die meisten Modelle hatten schon 14 Bund Hälse. Einige wenige Modelle wie die kleinen Gitarren Stil 21 und 28 gab's noch mit 12-Bund Ausstattung, alle aber nur mit Belly Bridge und mit Schlagbrett, also ebenfalls als Stahlsaitengitarren konzipiert. Das Design und die Konstruktion der 00-18G stammen eigentlich aus der zweiten Hälfte der 20er Jahre. Durchaus noch leicht gebaut, Schlagbretter noch nicht obligatorisch, alle 12-bündig, alle mit schmalem Steg (für den Stil 18 jedoch nicht mit Pyramiden-Enden), vollzogen alle Martins ab Mitte der 20er Jahre graduell eine Wandlung hin zu stabileren Hals- und Deckenkonstruktionen. Die Deckenstärke nahm minimal zu wie auch die Stärke der Deckenbalken mit dem Ergebnis einer größeren Deckenfestigkeit.

Mit einer Deckenstärke von ca. 2,6mm und den recht normalen Maßen des scalloped X-Bracing der Decke entspricht diese 1937er 00-18G im Hinblick der Deckenfestigkeit einer Grand Concert Martin von etwa 1926/27. Der Hals und die Stegplatte stammen allerdings aus der laufenden Produktion, sind also fester wie die aus den 20er Jahren. Der direkte Vergleich mit eine normalen Martin Stahlsaitengitarre derselben Größe und aus demselben Jahr ergibt eine Differenz von 0,1 mm an Deckenstärke und etwa 0,5 bis 1 mm Höhe der Deckenbalken. Mit anderen Worten: während die Stahlsaiten-Martins von 1937 durchaus mit Medium Stahlsaiten funktionieren können und durchaus auch dafür konzipiert sind, ist für die 00-18G eine Stufe leichter angebracht, also normale Light Saiten.

Mit Light Saiten spielt sie auch optimal ihr volles Klangpotential aus, das einem erst mal die Spucke weg bleibt. Der Ton ist sehr klar und laut mit allen Facetten und lässt auch an Festigkeit überhaupt nichts vermissen. Sie erscheint sogar durchaus dynamischer und wendiger als ihre "dickeren" Schwestern. Nur haut das mit der Konzertbesaitung nicht so ganz hin. Als Konzertgitarre ist sie nicht wirklich brauchbar, waren Martins eh nicht wirklich (außer bei Willie Nelson). Selbst den ganz alten Martins zieht man gerne mal leichte Silk & Steel Saiten auf. Das haben die Martin Leute wohl auch gemerkt und schon im nächsten Jahr die Konzertgitarren-typische Fächerverbalkung und den üblichen Schlaufensteg eingeführt. Martin selbst hat für die G-Variante, die übrigens in dieser Form von 1936/37 extrem selten ist, als leichtere Besaitung durchaus auch Stahl empfohlen. Also doch G wie "gut" und nix für Konzert- und schon gar nichts für Darmsaiten. Wäre ja auch wirklich schade!

Martin 00-18G 1937
Pyramidensteg mit nicht-kompensierter Stegeinlage
Kopf im 30er Jahre Stil mit Martin Logo

Waverly Mechaniken

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